Spontan-Öffnung in der Galerie Jürgen Dreißig in der Kamenzer Straße 25

Jürgen Dreißig „Wolf & Schlange“ / Bleistift 100 x 80 cm

Wer kennt Jürgen Dreißig? Nach der Wende sehr angesehen. Einige Bilder hingen über Jahre im Sächsischen Landtag. Doch heute, über 20 Jahre später ist er – vor allem in der jüngeren Kulturszene – ein weitgehender Einsiedler. Bekannter als er ist sein Galerie-Schaufenster in der Kamenzer Straße 25. Ein organisch skulpturales Terrarium mit einer chinesischen Kletternatter füllt es weithin aus. Die Schlange erregt über Jahre die Neugier von Kindern und Eltern. Auch Vorbeilaufende werfen fast rituell einen Blick auf die Schlange, eine von zehn weiteren innerhalb der Galerie, die lediglich Freitags am Nachmittag zwei Stunden geöffnet hat. Da sind meist Mütter und Väter mit ihren Kindern willkommene Gäste. Die Schlangen stehen hier ganz im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Um die kunstvollen Terrarien-Plastiken ist aber über die vielen Jahre etwas ganz anderes gewachsen. Jürgen Dreißig schuf ein Gesamtkunstwerk aus Malerei, Zeichnungen, Plastiken, Skulpturen nebst Mobiliar. Könnte
auch eine mysteriöse Außenstelle von Gaudi, Dali oder Max Erst sein: Kunst im Raum der Künste, allerdings mit Schlangen geziert. Und hier wird klar, Kunst ist kein Betrieb und schon gar keine Betriebsamkeit, womit das Wesen vieler Schlangenarten auch visuell erscheint: Sie können Tage, ja Wochen regungslos liegen um in dem einen, entscheidenden Moment einfach zuzuschnappen.

Ideenblitze und ausdauerndes Schaffen sind den weiteren beteiligten Künstlern an der Probe-Öffnung „Testgebiet WUNDERKAMMER_24“ nicht fremd. Wesensverwandtschaft ist wohl der Grund, dass die ebenfalls in der Neustadt lebenden Medien-Künstler Frank Hellbig, Nico Klausinger und Konrad Seidlitz nicht nur Unterstützung, sondern auch künstlerische Beigaben für die Ausstellung „Malerei – Schlangen – Skulpturen“ präsentieren. Dies im Keller der Galerie, den man nun auch als „Höhle des Digitalen“ erfahren kann. Drei Namen, drei mal wundersames Schaffen. Frank Hellbig, eigentlich Ingenieur und Programmierer, präsentiert KI-gestützte Porträtkunst „Cybernetic Medusa“, Nico Klausinger eine Klang-Performance „In-Presence-Composition“ und Konrad Seidlitz zelebriert digital erzeugte Audio-Sphären. Die Krone in der „Höhle des Digitalen“ setzen Werke (Leihgabe) der Dresdner Künstlerin Charlotte Sommer-Landgraf (1928-2006), die im Jahr 2000 den Cynetart-Preis für Computergrafik erhielt und danach neben Nam June Pike und anderen Legenden im Museum für Medienkunst in Karlsruhe die bedeutende Sammlung abschließt.

Ab April 2024 soll die Galerie unter dem Namen „Wunderkammer“ eine neue Kulturadresse für Menschen, die sich über sich (noch) selbst und das Schöne in der Welt wundern können, dauerhaft öffnen. Bis dahin braucht es noch einige städtische und private Unterstützung sowie persönliches Engagement. Dies für einen Ort der Präsentation und Präsenz, ein Testgebiet für neue, wunderbare Formen des Sich-Begegnens, Feierns und Kollaborierens.